Das Bild, wie wir ihm heute begegnen, hat also keine Rückseite mehr. Um so mehr ist man überrascht, wenn in Anita Stöhr Webers „Hinterglasbild“ die Farbe von der Rückseite durch kreisrunde Löcher dringt, die im regelmäßigen Raster über das Bildformat verteilt sind. Die Farbmasse hat genau die Konsistenz, um in tropfenden Nasen kurz unterhalb der regelmäßig in den Plexiglasträger gebohrten Öffnung hängen zu bleiben. Das Bild lebt also aus seiner Rückseite. Daß Bilder eine Rückseite haben, interessiert in unserer Kultur sonst höchstens Restauratoren und Experten, die die verso angebrachte Signatur als Ausweis der Echtheit untersuchen. Daß die Rückseite ein wesentlicher Bestandteil des Bildes ist, daß sie dem Bild sozusagen Rückgrat verleiht, wird erst bei Anita Stöhr Weber ins Bewußtsein gerückt. Keine Malerei wäre ohne Farbmaterial denkbar, aber auch kein Gemälde ohne einen Malgrund. Auch das hat Anita Stöhr Weber eigens zum Thema gemacht und in einem frappierenden und betörend kunstvollem Bild/Gebilde ins Werk gesetzt. Der_Stoff_aus_von_Ronald_Berg