glänzende Aussichten

 

 

 

 

 

GALERIE MICHAEL STURM

Ausstellungsdauer:  09. Februar – 13. April 2013
Adresse:  Christophstraße 6  D- 70178 Stuttgart
Öffnungszeiten:  Di.- Fr. 12:00 – 18:00 Uhr   Sa. 11:00 – 14:00 Uhr und nach Vereinbarung

Zeitdiagnostische Sinnbilder

Die Arbeiten „o.T.“ (Neon-Leuchtschriftsystem)  und „glänzende Aussichten“ (Digitaler Pigmentdruck) sind in Form und Inhalt zeitdiagnostisch. Sie gehören zu der Werkreihe „in Sicherheit“.

Sie thematisieren Sicherheit, Zukunftszweifel, falsche Hoffnungen: Faktoren, die die Wahrnehmung des Einzelnen und der Gesellschaft in Zeiten des Umbruchs bestimmen.

So thematisiert der Titel „glänzende Aussichten“ das Doppelgesichtige dieses Umbruches. „Glänzende Aussichten“ sind zum einen besonders in Zeiten von Finanzkrisen, Mißbrauchsfällen und Einschränkungen persönlicher und wirtschaftlicher Möglichkeiten – Textinhalte der Arbeiten – auch für Kultur und Kunst ein Versprechen auf eine bessere Zukunft, enthalten aber zum anderen auch das Trügerische, die Unsicherheit, der Glanz könne nur Schein sein , der Tanz um das goldene Kalb nur ein Selbstbetrug sein. So entstammt der Titel „glänzende Aussichten“ dem Anfang eines Artikels der Financial Times Deutschland von 2011 zur Zukunft und wirtschaftlichen Bedeutung des Goldes, das in besonderer Weise dem Bedürfnis nach Sicherheit für und durch Eigentum und Vermögen entgegen kommt. – Die Financial Times gibt es inzwischen nicht mehr – ein Opfer auch des digitalen Umbruchs.

Der Neonleuchtschriftzug „glänzende Aussichten“ montiert im Oberlichtraum einer Galerie in drei Meter Höhe verweist auch auf ein Handwerk, das in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts für Fortschritt und Erfolg stand Seit den 40iger Jahren steht Neonschrift aber für wirtschaftlichen Niedergang. Heute wird Neonschrift nicht mehr für die Reklame, sondern nur noch für die Kunst produziert. Ein Verweis auch auf die Situation der Kunst und Kultur und die prekäre Situation der Künstlerinnen und Künstler.

Die Plots nehmen die digitale Revolution auf. Sie zeigen rapportlose Muster, die durch aus dem Netz kopierten übereinandergelagerten Texten entstehen. Bei den „glänzenden Aussichten“ sind es Texte über das Gold.

Die kryptographischen Muster der Plots mit ihren verborgenen Inhalten werden so zum Sinnbild der digitalen Kommunikation und Informationsvernetzung. (ASW)

 

 

Pressetext der Galerie Michael Sturm: Die aktuellen Pigmentdrucke von Anita Stöhr Weber enstehen aus ihrer Beschäftigung mit aktuellen Sicherheitsdebatten in der Politik und dem Gebrauch des sogenannten „Zahlenmeer-Innendrucks“, wie er zum Beispiel in Briefumschlägen zum Versenden von PINs von Banken verwendet wird. Für die Drucke legt sie Gesetzesvorlagen oder Artikel aus Politikkolumnen in mehreren Schichten übereinander, so dass ein dichtes Gewebe von Buchstaben entsteht, das aus der Ferne wie eine monochrome Fläche wirkt, aus der Nähe aber den Text zum Teil lesbar werden lässt. Dieses rapportlose Muster entspricht dem Zahlenmeer-Innendruck, der dazu dient, Information buchstäblich vor fremden Augen zu verschleiern – eine Art Kryptographie des Visuellen, wodurch sich Stöhr Weber mit den anscheinend unpolitischen Mitteln des Minimalismus an momentan brisante Themen annähert. glänzende-aussichten_Galerie_Michael_Sturm_d:e